Hallo,
mein Name ist Melanie, ich bin 45 Jahre alt, bin Mama von drei wundervollen Töchtern (20, 18 und 15) und arbeite als Waldpädagogin.
Ich lebe mit Lipödem Stadium 3 Typ 4.
Meine Geschichte mit Lipödem begann vor 34 Jahren, als ich im Alter von 11 Jahren meine Tage bekam. Es dauerte nicht lang; ich erinnere mich als wäre es gestern gewesen, dass meine Oberschenkel immer dicker wurden. Ich weiß noch, wie ich im Sportunterricht keine kurzen Hosen mehr tragen konnte, weil meine Schenkel aneinander rieben. Von da an habe ich nie wieder kurze Kleidung getragen.
Ich wurde viel gemobbt wegen meiner dicken Beine, bis zum Abitur war die Schulzeit die Hölle. Ich schämte mich, fand keine Hosen und wurde täglich mit Worten niedergemacht. Egal was ich versuchte; unzählige Diäten, Therapie, Sport, Hypnose, Yoga etc., es wurde nicht besser, sondern immer schlimmer.
Nach dem Abitur stellte ich meine Ernährung komplett um, ich lebe seitdem vegetarisch und ernähre und bewege mich sehr bewusst. Dadurch schaffte ich es mein Gewicht auf 70 kg zu reduzieren, aber ich kam nie unter diese 70 kg bei einer Größe von 1,64 m.
Mit der ersten Schwangerschaft, mit 24 Jahren wurde der Weg steiniger, da schaffte ich es zwar mit viel Bewegung und ausgewogener Ernährung von 100 kg in der Schwangerschaft auf 80 kg danach abzunehmen, aber nicht weiter.
In der 2. Schwangerschaft nahm ich erneut zu und es wurde eine Schilddrüsenunterfunktion festgestellt. Bei einem Endgewicht von 110 kg in der Schwangerschaft konnte ich mit viel Kraftsport, Aquafitness und unfassbar vielen Schritten mein Gewicht nur bis auf 90/95 kg reduzieren.
Dann erkrankte meine Älteste im Alter von vier Jahren an Leukämie. Das warf mich komplett aus der Bahn. Das Bewegungspensum von vorher konnte ich nicht aufrechterhalten. Alle Zeit und Kraft galt meinen Töchtern und dem Kampf gegen den Krebs. Durch den Bewegungsmangel und der schlechten Ernährung in der Krankenhauszeit (acht Monate stationär) und die vielen Sorgen nahm ich nicht ab, sondern schleichend immer mehr zu.
Meiner Tochter geht es heute gut, das ist das Wichtigste!
Die Chemotherapie dauerte zwei Jahre, am Ende dieser Zeit bekam ich meine dritte Tochter und wie zuvor stieg mein Gewicht in der Schwangerschaft, diesmal auf 118 kg. Ich ernährte mich gesund und ausgewogen, aber konnte nicht mehr so viel Sport machen wie die Jahre vor der Krebserkrankung meiner Tochter. Durch die belastende Zeit entfernte ich mich mehr und mehr von mir selber. Finanzielle, gesundheitliche und familiäre Sorgen, Existenzängste, und Druck von außen führten dazu, dass ich mich aufgab. Emotionales Essen war mein Ausgleich und störte meine sonst gesunde Ernährungsweise. Einiges konnte ich durch Therapien aufarbeiten und ich kämpfte weiter für mich und meine seelische Gesundheit. Posttraumatische Belastungsstörung, soziale Ängste und rezidivierende Depression waren die Diagnosen.
In der Zeit als meine Tochter an Leukämie erkrankte, war ich mitten in meinen Diplomprüfungen, die ich schließlich für vier Jahre unterbrechen musste (Chemotherapie und Elternzeit). Am Ende der Elternzeit war klar, dass ich die letzten drei Prüfungen und die Diplomarbeit nachhole. Das hieß mit drei Kindern, die nur halbtags betreut wurden, von 0 auf 100 zurück ins Studium.
Ich nahm Antidepressiva, weil die Last zu groß wurde und nahm immer mehr zu. Bei einem Gewicht von 136 kg war ich völlig verzweifelt und sprach mit dem Neurologen darüber, wie sehr mich das Übergewicht belastet. Mittlerweile hatte ich meinen Abschluss mit Bravour in der Tasche, gründete einen Waldkindergarten mit und arbeitete dort anfangs Teilzeit, später Vollzeit. Ich hatte mit meiner Kleinen gegen den Krebs gekämpft und tat alles dafür, dass es meinen Töchtern gut geht und sie diese schweren Zeiten unbeschadet überstehen. Aber all das nahm ich nicht positiv genug wahr, da ich unter dem Übergewicht extrem litt. Ich aß kaum noch was, bekam das emotionale Essen mit Hypnose in den Griff, aber hatte das Gefühl mir konnte sonst nichts mehr helfen.
Der Arzt schickte mich zur Adipositassprechstunde, für mich war ab da klar, dass ich eine Magen-OP will, so konnte ich jedenfalls nicht weiterleben. Aber gleichzeitig ärgerte mich die Diagnose Adipositas, da ich nicht ess- geschweige denn fettsüchtig war.
Als ich den Termin dann endlich hatte, sagte die Ärztin, ich solle zunächst das Antidepressiva absetzen, weil dieser Wirkstoff zu Gewichtszunahme führt. Dann schickte sie mich zur Ernährungsberaterin, na ja, ich war selber mittlerweile Expertin, auch wenn ich nicht so aussah. Außerdem war die Teilnahme an der Adipositasselbsthilfegruppe verpflichtend.
Die Tatsache für mich zu kämpfen legte einen Schalter um, an meiner Ernährung lag es nicht, ich musste nichts ändern, ich aß eher zu wenig, definitiv nicht das Falsche, was sich an den Ernährungsprotokollen zeigte. Durch das Absetzen der Medikamente und mein Tracken, von dem, was ich esse, nahm ich wöchentlich 1,5 kg ab. Das Tracken ist eine gute Methode sich bewusst zu machen, wo der Fehler liegen kann und um sich Grenzen klar vor Augen zu führen.
Zusätzlich fing ich wieder mit Krafttraining im Fitnessstudio an.
In der SHG lernte ich einen jungen Mann kennen, der erfolgreich, konservativ 70 kg abnahm und er inspirierte mich. Er bot den Leuten Walking an und damit fand ich den Anfang zurück in einen Bewegungsreichen Alltag. Mit der Hilfe von Schmerzmitteln walkte ich so oft wie zeitlich möglich, lief mit meinen Hunden zusätzlich kilometerweit auf sehr bergigen Strecken, machte mein Krafttraining 4 Mal die Woche, 2-mal die Woche Aquafitness, Fitness zu Hause und tgl. 10.000 Schritte auf der Arbeit. All, das unter Einnahme von hochdosiertem Ibuprofen, denn meine Beine schmerzten bei jedem Schritt, meine Knie waren permanent entzündet, ein Fersensporn machte mir das Gehen zur Hölle, Rheuma und Arthrose waren längst diagnostiziert und behandelt, das sollte mich alles nicht aufhalten, aber zwangsläufig meinen Magen ruinieren.
Ich lebte permanent im Kaloriendefizit und schaffte es in 1,5 Jahren 47 kg abzunehmen. Wenn jemand fragte, wie ich das schaffe, war die Antwort immer ganz einfach, ich verbrauche mehr als ich zu mir nehme.
Ich war so durchtrainiert und glücklich, aber kurze Kleidung hätte ich trotzdem niemals angezogen, denn meine Beine und Arme waren immer noch unproportional dick zum Rest meines Körpers. Egal was ich unternahm, ich kam nicht unter ein Gewicht von 89 kg. Das entspricht einem BMI von fast 34.
Damals hatte ich den passenden BMI für die Kostenübernahme einer Liposuktion bei Stadium 3, heute habe ich das passende Stadium. Ich erkläre das, weil wenn Ihr Euch die Fotos anschaut, wie dünn meine Taille war, es absolut absurd ist, dass ich immer noch als massiv adipös galt. Zu dem Zeitpunkt litt ich unwissender Weise schon über 20 Jahre an Lipödem, was aus meiner Sicht heute offensichtlich war, wenn man diese Krankheit kennt. Ich stellte mich permanent infrage, was hätte ich denn noch mehr tun können?
Deshalb ist Aufklärung über Lipödem so unendlich wichtig!
Selbstzweifel quälten mich noch viele Jahre danach, denn einige Jahre konnte ich das Gewicht halten, aber wegen Knieproblemen nicht das Sportpensum. Und schleichend kam immer mehr Gewicht zurück, irgendwann war es nicht mehr schleichend, sondern schlagartig. Schließlich nahm ich in den Jahren nach der Gewichtsreduktion so zu, dass ich vor 2,5 Jahren 142 kg wog, aber mein Gesicht und Hals nicht so dick aussahen, wie auf dem alten Bild mit 136 kg. Ich hielt mein Gewicht zunächst auch noch eine ganze Weile, meine Ernährung änderte ich nicht. Für mich und mein nahes Umfeld war es ein Rätsel, warum ich unaufhörlich dicker wurde.
Das Fett wucherte an den Beinen, Armen und schließlich mehr und mehr am Bauch. Mit viel Disziplin nahm ich nochmal 10 kg ab.
Im Sommer 2021 wog ich 132 kg und wir besuchten Freunde in Köln, es war sehr heiß.
Mein rechter Fuß wurde unterwegs beim Laufen, Elefanten dick und das Auftreten unfassbar schmerzlich. Noch mehr Schmerzen als ich bisher schon gewohnt war. Dass mir alles wehtut, kannte ich, ich schob es auf mein Rheuma, aufs Gewicht an sich, auf die Hormone, auf das Wetter, auf den Mond oder was auch immer, denn ich wusste nicht, woran die Schmerzen all die Jahre tatsächlich lagen.
Aber dass der Fuß so dick wurde, machte mir Angst, also ging ich zum Hausarzt.
Dort wurde direkt gesagt, dass der Verdacht auf Lip-Lymphödem besteht und ich solle zum Facharzt und könnte bei meiner Physio, bei der ich in Langzeitbehandlung wg. HWS-, BWS- und LWS-Syndrom war, stattdessen MLD machen. Stattdessen, weil es nicht genug Termine gab.
Ich hatte nie zuvor von Lipödem gehört und suchte einen Facharzt. Es gibt in unserer Stadt sage und schreibe 2 und bei dem einen hätte ich 1 Jahr auf den Termin gewartet und bei dem anderen waren es 3 Monate. Also nahm ich den zeitnahen Termin wahr und im September 2021 bekam ich die gesicherte Diagnose für die Beine Lipödem Stadium 2 und ganz wichtig für den Arzt die Betonung auf Adipositas per magna. Der Arzt machte Ultraschall, sagte dann, dass ich Lipödem habe und dass ich Kompression tragen und abnehmen soll, wenn ich Schmerzen habe. Das sei nicht schlimm, es handle sich dabei um so was wie einen gutartigen Tumor. Tschüss.
Nun stand ich da, immer noch keine Ahnung. Ich recherchierte 6 Monate auf Facebook, in den Foren und bei Instagram und versuchte zu begreifen, was das heißt LIPÖDEM zu haben. Parallel kümmerte ich mich um eine Kompressionsstrumpfhose, dauerte nur 2 Monate bis ich die erste hatte. Ich machte alles in allem die schlechtesten Erfahrungen, die man als Diagnoseneuling machen kann. Gerade am Anfang um die Kompression annehmen zu lernen, ist es so wichtig gut betreut zu sein.
Nach vielem hin und her half die erste Versorgung und die MLD etwas weniger Schmerzen zu haben. Leider hat das Sanihaus aber nur Verträge mit einem Hersteller und mich darauf festgenagelt. Zudem hatte ich das erste halbe Jahr keine Wechselversorgung. Nach meinen Recherchen wollte ich einen andren Hersteller probieren bei der 2. Versorgung und musste bitten und betteln. Zum Glück hat sich das Kämpfen gelohnt, denn ich möchte nichts andres mehr an den Beinen. Aber richtig gut saß es nie, es gab immer Reklamationen und wochenlanges Warten und keine Wechselversorgungen. Absagen der Krankenkasse und das Fehlen einer passenden Kompression war hart zu ertragen, jetzt wo ich den Feind endlich zu packen bekam.
Ich bin 6 Monate nach der Diagnose nochmal zu dem besagten Facharzt, um die offensichtliche Diagnose für die Arme abzuklären und Kompression zu erbeten, sowie Beratung zur Liposuktion als Therapie. Ja, er bestätigte das Lipödem an den Armen, aber schrieb in seinem Diagnosebrief mehrfach betonend, dass aufgrund der Adipositas eine Liposuktion kontraindiziert sei und dass ich zunächst einen Schlauchmagen beantragen solle.
Ich bin nicht gegen Magenverkleinerungen, wenn es keinen andren Ausweg gibt, ich war selbst an dem Punkt als ich dachte, es sei die einzige Lösung. Heute weiß ich, dass es für mich keine Lösung ist meinen Magen zu verstümmeln, denn mein Essverhalten ist nicht mein Problem. Deshalb kommt für mich dieser Weg nicht infrage.
Auch bei der Armversorgung lief alles schief und es dauerte ewig und passte nie.
Ich bin trotz des beschämenden Arztbriefes zu einer namhaften Klinik, um mich beraten zu lassen, denn ich habe öfters gelesen, dass sie auch bei einem Gewicht von 130 kg Liposuktionen machen.
Dort wurde klar bestätigt, dass ich eher im Anfang von Stadium 3 bin und es wurde ein ausführlicher Bericht erstellt, in dem meine sportliche Statue und die medizinische Notwendigkeit bestätigt wurden.
Mir wurde geraten! Nicht wie später behauptet zur Bedingung gestellt, bis zur 1. Liposuktion 10 kg abzunehmen. Deshalb wurde der Termin auf 6 Monate später gelegt.
Ich hatte Hoffnung, endlich was an meinem Zustand ändern zu können. Zu dem Zeitpunkt hatte ich keine Kraft mehr, konnte kaum die Treppe hochgehen, Dinge wie Haare föhnen oder Suppe umrühren gingen nicht mehr. Arme und Beine waren trotz Kompri schwer und schmerzten. Schlaflose Nächte, weil ich nicht mehr liegen konnte, waren die Regel. Trotzdem tat ich alles weiter Sport zu machen, so weit es noch ging, mich nicht krankzuschreiben und auf die Ernährung zu achten.
Was mir in der Zeit am meisten half, die Diagnose zu verstehen, die Kompression anzunehmen und aufzuhören an mir zu zweifeln, waren die Geschichten anderer Betroffener. Ich fand mich wieder und nicht mehr so alleine mit der Last. Ich fing an zu verstehen, dass ich teilweise gegen Windmühlen kämpfte, viele Jahre lang vergeblich versuchte etwas in den Griff zu bekommen, über das ich keine Macht hatte.
Das wollte ich zurückgeben, für andre, die so ratlos dastehen, wenn man ihnen die Diagnose mitteilt und nicht erläutert, was auf einen zu kommt und wo man sich hinwenden kann. Also erstellte ich mein Instagram Profil fraumeller_komprimiert, mit meiner Lipödemgeschichte komprimiert zusammengefasst.
Dank der Veröffentlichung meiner Erlebnisse mit allem, was man im Alltag mit Lipödem mitmacht, habe ich so viel positiven Austausch und Zusammenhalt erfahren. Ich habe die beste Sanifee der Welt und den besten Chirurgen gefunden, mein Leben hat sich komplett gedreht. Ich kämpfe mit vielen anderen Betroffenen dafür, dass es Frauen mit Lipödem, mit oder ohne Diagnose, nicht so ergehen muss wie mir. Meine Diagnose kam 30 Jahre zu spät. Ich habe noch viel Arbeit vor mir alle Selbstzweifel auszuräumen, ich bin im Stadium 3 mit Armen, Beinen und Bauch und bekomme die medizinisch notwendigen Liposuktionen nicht bezahlt, da mein BMI mit 45 zu hoch ist.
Schließlich kam der Tag der 1. Lipo immer näher, alles war geregelt, was zu regeln war, ich habe alles eingehalten und das Geld überwiesen, denn die Krankenkasse wollte mir nicht helfen, mit der Begründung, dass es ja keine tödliche Krankheit sei und der BMI nicht höher als 35 sein dürfte. Mir wurde sogar gesagt (da ging ich noch von Stadium 2 aus), wenn ich Glück habe, komme ich in Stadium 3 und wenn der BMI passt, würden die OPs dann bezahlt.
Nochmal zurück zu meinem Foto, mit 89 kg durchtrainiert, mit Lipödem vermutlich Stadium 2, da erfüllte ich den BMI mit 34 ganz knapp, galt als schwer adipös, ich verstehe es nicht, wenn ich mich da sehe, was würde ich dafür geben, man hätte mir da die Diagnose gegeben und ich hätte mich da operieren lassen können, mir wäre so viel Leid und Geld erspart geblieben, nichtsdestotrotz ... ich konnte diesen Kampf gegen die KK nicht gewinnen, dafür war keine Kraft und keine Zeit also wählte ich die lebenslangen Schulden für die Hoffnung so was wie ein Leben zurückzubekommen.
3 Wochen vor der ersten Liposuktion wurde ich von der Klinik angerufen und gefragt, ob ich denn 10 kg abgenommen habe. Leider habe ich das nicht geschafft. Mein Gewicht stagnierte. Dann bekam ich den Anruf, dass die OP so nicht durchgeführt wird.
Der Boden unter meinen Füßen wurde mir komplett weggezogen. Ich war am Ende. Zum Glück hatte ich meine Lipödemcommunity und durch mein Profil mittlerweile die beste Sanifee der Welt. Dank der ich nur noch passende und für mich perfekt abgestimmte Kompressionsversorgung für Arme, Beine und Hände habe, ohne lange Wartezeiten oder Absagen oder festgelegte Hersteller. Sie tröstete mich und riet mir, mich an einen Chirurgen zu wenden, der schon oft Frauen korrigierte, die von der andren Klinik nicht korrekt behandelt wurden.
Ich rief ihn umgehend an und bekam drei Tage später einen Beratungstermin bei dem ersten professionellen und einfühlsamen Arzt in meiner ganzen Geschichte. Er hat sogar am hängenden Hautüberschuss an manchen Stellen bemerkt, dass ich offensichtlich schon mal viel abgenommen habe, anstatt mich wie jeder Arzt zuvor als einfach adipös abzustempeln. Und dadurch, dass ich mich ja monatelang vorbereitet hatte, gab er mir auch umgehend, mit nur 4 Wochen Verzögerung zur ursprünglich geplanten OP, den ersten Termin zur Liposuktion an den Oberschenkeln vorne und innen. Zum Glück stieß ich auf Nachsicht bei meinem Arbeitgeber.
Ab hier fasse ich mich kurz, mittlerweile wurden bei mir 33 Liter Fett entfernt.
Im September 22, 1 Jahr nach der Diagnose 11 Liter aus den OS VS/IS, bereits 6 Wochen danach konnte ich besser laufen als je zuvor.
Im Dezember 22 ging es mit den OS AS/RS weiter und seitdem bin ich ein andrer Mensch, mit Lebensqualität, Energie und Hoffnung. Im April 23 kamen die Arme dran, die 3. von 6 notwendigen Liposuktionen. Ich bin quasi halbfertig und könnte nicht glücklicher sein, einen so guten Arzt über Umwege und dank der Veröffentlichung meines Lipödemalltags gefunden zu haben. Als Nächstes ist der Bauch dran, ich schleppe dort seit meiner Jugend eine Fettschürze mit mir herum, die selbst in der Zeit des exzessiven Sports nicht wegging (so viel dazu, es gäbe kein Lipödem am Bauch), dann Gesäß und dann Unterschenkel. Bei den OPs wurde auch das längst Offensichtliche bestätigt, dass ich im Stadium 3 bin und ich frage mich, wie man mit Stadium 3 einen BMI von 35 haben kann, den hatte ich als ich exzessiv Sport machte und das Lipödem bei Weitem noch nicht so ausgebrochen war, wie derzeit. Der Weg der Liposuktionen ist hart, es erfordert viel Disziplin, mentale Stärke und Unterstützung. Und die Betonung liegt auf Unterstützung, ohne die Unterstützung durch meinen Partner und meiner Familie könnte ich das nicht durchziehen. Und auch nicht ohne das Verständnis meiner Töchter. Denn ich kann so viel Leid nicht verstecken und habe nicht immer die Kraft eine starke Mama zu sein. Und es muss beängstigend sein, weil sie wissen, dass es vererbt werden kann. Dieser Weg ist aber für mich mittlerweile der einzige Ausweg. Der schönste Moment nach jeder Liposuktion ist, meine Muskulatur endlich sehen und spüren zu dürfen. Das, für das ich so viel geschwitzt und die Zähne zusammengebissen habe, was alles von der Krankheit versteckt wurde. Es ist so frustrierend, wenn man genauso hart kämpft wie andere und man gegenteilig aussieht. FATSHAMING ist mitunter eines der schlimmsten Symptome einer kranken Gesellschaft. Was für andre selbstverständlich ist, bekomme ich langsam mühsam zurück. Ich werde mehr und mehr, endlich, ich.
Ich kämpfe weiter für mich und all die Frauen, denen es hoffentlich mal nicht so lange schlecht gehen muss wie mir. Ich kämpfe für Aufklärung, Verständnis, Selbstakzeptanz, Bodyneutrality und das gerne auch mit Provokation wie der Teilnahme am „Lipödem ist ein Arschloch“- Shooting in Hamburg bei 2 Grad Außentemperatur. Ich berate Diagnoseneulinge und unterstütze Frauen gute Ansprechpartner zu finden und ich höre nicht auf meine Geschichte zu teilen und damit hoffentlich andren Mut zu machen. Wir sind über 3 Millionen, wir sind nicht allein.
Danke, dass ich meine Geschichte erzählen darf.
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