Verhalten bei Ablehnung von Kostenübernahme

Viele von Ihnen haben sicherlich schon am eigenen Leib erfahren, dass die Lymphologie im Deutschen Gesundheitswesen, trotz manchem Lichtblick, vielfach immer noch ein Schattendasein fristet.

Die Defizite in der medizinischen Ausbildung der Ärzte haben Auswirkung auf die Beurteilung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkasse, auf das in weiten Teilen nicht mehr dem Stand der Wissenschaft entsprechendem Hilfsmittelverzeichnis (mit der fehlenden Trennung von Venen- und Ödembestrumpfungen) und schlussendlich dem daraus resultierenden Genehmigungsverhalten der Krankenkassen.

Vielen Kassenmitarbeitern sind Ödemerkrankungen sowie die Inhalte und das Zusammenspiel der einzelnen Therapieschritte (KPE 1 und KPE 2) nicht bekannt und werden oftmals mit den besser vertrauten Venenerkrankungen verwechselt.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Krankenkassen arbeitsteilig arbeiten. D.h. für die Heilmittel (Massagen, Kuren, etc.) ist eine andere Abteilung mit einem anderen Budget zuständig als für den Bereich Hilfsmittel (Kompressionsstrümpfe). Eine Ver netzung der Daten erfolgt innerhalb der Abteilungen oftmals nicht, obwohl dies schon aus Kostengesichtspunkten angezeigt wäre, wie das Beispiel der Ödemtherapie zeigt:

In der Phase 2 (Erhaltungsphase) der KPE ist die Bestrumpfung das wichtigste Element um den erreichten Therapieerfolg zu konservieren. Wenn hier (Genehmigungs-) Fehler passieren schlägt dies unmittelbar auf den Bereich Heilmittel in Form von Zusatzkosten durch und umgekehrt.

Bei dem Genehmigungsverfahren von Hilfsmitteln sollten man zunächst wissen, dass nur der Versicherte Anspruch auf Leistungen hat. Ärzteschaft und Hilfsmittelversorger können lediglich im Antragsverfahren unterstützend mitwirken. Den Leistungserbringern ist es gesetzlich ausgeschlossen einen Anspruch durchzusetzen, Dies obliegt alleine dem Versicherten.

Der Anspruch eines Versicherten auf Hilfsmittel ist im § 33 SGB V geregelt:

"Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit ....,orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im (1) Einzelfall notwendig sind, um den (2) Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel (3) nicht als Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen .... sind."

Dies ist das erste Prüfungsschema für einen Anspruch. Dokumentiert wird dies durch eine entsprechende Verordnung des Arztes.

Es wird oft irrtümlich angenommen, dass dem Kassenmitarbeiter alle Informationen über dem Versicherten vorliegen, s.o.. Dies ist schon aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht möglich. Die Verordnungen sollten daher so ausführlich wie möglich sein und eindeutige Hinweise darauf geben, warum das Hilfsmittel gerade in dieser Ausführung gebraucht wird. Bsp. Anziehhilfe wegen Arthrose in den Händen, Entlassversorgung , Ödemveränderung auf Grund Volumenabnahme- Zunahme, etc. . Auch Entlassberichte sind wertvolle Hilfen.

Ein professionell arbeitendes Sanitätshaus wird zusätzliche Dokumentationen wie Fotos, Zustandserhebungsbogen und Abgabeprotokolle führen, welche dann geg. an die Kasse weitergeleitet werden können.

Immer im Auge haben die Kasse das sog. Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 SGB V). Demnach müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Dieser Paragraph verursacht die meisten Ablehnungen. Es liegt alleine an der oft subjektiven Auslegung des einzelnen Sachbearbeiters/ Krankenkasse was darunter verstanden wird. Dies erklärt auch warum der eine Patient keine Probleme hat bei der Kostenübernahme, der andere lange streiten muss.

Ein Klassiker ist die Ablehnung einer erneuten Bestrumpfung nach Abschluss einer (stationären) Therapie. Auch hier wird regelmäßig auf § 12 SGB V verwiesen, wobei der erste Satz seitens der Kasse oft nicht beachtet wird:

Sinn der KPE ist es u.a. eine maximale Entödematisierung zu erreichen. Ziel ist somit eine Umfangsreduzierung mit der Folge, dass eine vorh. Bestrumpfung nicht mehr passen kann. Da die Leistungen aber ausreichend sein müssen, ist der Anspruch auf eine neue Versorgung bei einer Änderung des Ödems gegeben. Ob der Kassenmitarbeiter allerdings zum Zeitpunkt seiner Entscheidung über die absolvierte Therapie überhaupt unterrichtet war ist fraglich, wie oben beschrieben.

Die Kassen beziehen sich in Ihrer Entscheidung lediglich auf die gesetzliche Gewährleistung der Kompressionsstrumpfhersteller auf die therapeutische Wirksamkeit, bzw. Haltbarkeit des Materials von 6 Monaten.

Hier sollten Patienten, Ärzte, Therapeuten und Leistungserbringer in der Form Verantwortung übernehmen, dass bei absehbaren Therapien erst nach Abschluss der Behandlung neu bestrumpft wird.

Auch die Ablehnung von Zweitbestrumpfungen zum Wechseln werden mit § 12 SGB V erklärt. Dies ist ebenfalls rechtlich zwei felhaft, da Ödempatienten ihre Bestrumpfung konsequent durchgehend von Morgens bis Abends tragen müssen. Da Kompressionsgestricke weder maschinell, noch in der Sonne oder auf der Heizung getrocknet werden dürfen, ist eine Trocknung inner halb einer theoretischen Ruhephase von 10 Stunden unmöglich. Eine Garnitur ist somit im Sinne des § 12 SGB V nicht ausreichend.

Was ist im Falle einer Ablehnung/ Kürzung zu tun?

Innerhalb von 4 Wochen nach Zugang des Bescheides muss Widerspruch (besser! schriftlich) eingelegt werden . Ansonsten verlieren Sie weitere Ansprüche.

Wir erleben fast täglich Fälle, bei welchen Strumpfversorgungen in Stückzahl und Ausführung zusammengestrichen, bzw. Preise gekürzt werden, ohne dass der Patient hinreichend darüber informiert wird. In den standardisierten Genehmigungsschrei ben wird dann nur erwähnt was bezahlt wird. Hinweise auf Kürzungen oder Streichungen unterbleiben. Hinterher erleben die Patienten dann ihr blaues Wunder, wenn die Leistungserbringer die Kürzungen privat liquidieren müssen.

Die Krankenkasse ist verpflichtet über eine Ablehnung/Kürzung, sowie über das Widerspruchsrecht gemäß § 36. SGB X zu informieren. Sollten ein Versicherter nicht von seiner Kasse informiert worden sein, sollte man auf eine schriftliche Stellungs nahme bestehen und geg. aufn den o.g. Paragrafen hinweisen. In diesen Fällen entfällt auf Grund der nicht zugegangen Infor mation die Widerspruchsfrist von 4 Wochen.

Ausschlaggebend für die Krankenkassen ob ein Hilfsmittel überhaupt abgegeben werden darf ist § 128 SGB V. Hier wird auf das sog. Hilfsmittelverzeichnis verwiesen. Alle dort aufgelisteten Artikel sind Pflichtleistung der Krankenkasse ! Aber auch hier ist Vorsicht geboten: Die Krankenkassen verwenden das Verzeichnis oftmals als Positivliste nach dem Motto, was nicht drin steht wird nicht genehmigt. Dies ist falsch !

Nach Meinung des für die Aufstellung verantwortlichen IKK Bundesverbandes, sowie der Rechtssprechung der Sozialgerichte, stellt das Hilfsmittelverzeichnis nur eine unverbindliche Entscheidungshilfe dar.

Weiter sind im Hilfsmittelverzeichnis die "Spielregeln" (wichtig auch für den Verordner) für die Abgabe, wie Indikationen, technische Anforderungen etc. festgelegt.

Ist ein Anspruch positiv nach § 12 SGB V geprüft, sollte geg. mit dem Arzt geprüft werden, ob die festgestellte Indikation den Anforderungen der in der Präambel des HMV aufgeführten Anforderungen genügt. Nachfolgend ist diese Präambel (Stand 07/05) im Original aufgeführt. Es empfiehlt sich im Widerspruch auf die einzelnen erfüllten Punkte der Anforderungen des Hilfsmittelverzeichnis zu beziehen.

Quelle : Ralph Martig 

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