Wird der physiologische Ablauf der Wundheilung (siehe Grundlagen → Wundheilung) durch allgemeine und /oder lokale Faktoren behindert, so kommt es zu Wundheilungsstörungen (siehe → Wundheilungsstörungen). Entsprechend morphologischer Veränderungen werden verschiedene
Wundkomplikationen unterschieden.
Definition: Serome sind Ansammlungen von wässriger Wundflüssigkeit (= seröses Exsudat wie z.B. Lymphe, Serum) in Hohlräumen im Wundbereich. Klinisch findet man eine meist nicht druckdolente (schmerzhafte) und nicht gerötete Schwellung im Wundbereich.
Ursachen :
- Offene Lymphbahnen oder
- Angeschittene Lymphknoten sind die wesentliche Ursachen - Reizzustände durch Fremdkörper,
- Abgestorbenes Gewebe (Nekrosen) durch übermäßige Anwendung der Elektrokoagulation (Verödung durch Strom) oder Massenligaturen (Unterbindungen)
- Spannungszustände in der Wunde können ebenfalls zu Serombildung führen
- Transsudate bei Eiweißmangelzustände
- Mangel an fibrinstabilisierendem (Gewebenetz durch Blutkörperchen, Fibroblasten) Faktor 8 im Blut
Therapie :
- steriles Abziehen der Seromflüssigkeit (Abpunktieren)
- Anlage eines leichten Kompressionsverbandes
- bei größeren Seromen oder immer wiederkehrende Fälle (Rezidive) sollte eine Wundrevision erfolgen
- offene Lymphgänge mittels Elektrokoagulation verschorfen
- Anlage einer Saugdrainage (Redon) – Entfernung erst nachdem sich die Haut fest mit der Unterlage verbunden hat.
Eine Komplikation besteht darin, dass sich Serome infolge des günstigen Milieus zur Keimvermehrung sekundär infizieren. Sie sind dann wie Abszesse zu behandeln.
Definition : Wundblutergüsse (Hämatome) sind mit Blut gefüllte Hohlräume im Wundbereich.
Ursachen:
- Folge mangelnder Blutstillung
- abgerutschte Ligaturen der ins Wundgebiet einmündenen Gefäße
- unvollständige Drainage der Wundhöhle
- vorzeitiger Verlegung des Drainageschlauches
- Blutgerinnungstörungen (dazu zählt auch die Blutverdünnungstherapie)
Therapie:
a.) kleinere Mengen flüssiges Blut werden steril abgezogen (abpunktiert)
b.) bei größeren Hämatome operative Ausräumung, da Infektionsgefahr (Blut ist für Erreger ein günstiger Nährboden) :
Definition : Wundrandnekrosen sind nicht bzw. mangelhaft durchblutete, demarkierte Wundränder, deren Ernährung durch Verletzung oder Stauung Nährstoff zubringenden (nutritiver) Gefäße geschädigt oder unterbrochen wurde. Anfangs fallen sie als blasse oder bläuliche (zyanotische) kühle Hautpartien auf, die sich dann allmählich braun verfärben und absterben (nekrotisieren). Zur Gegenseite der Wunde kommt es zwar anfänglich zu einer Verklebung, die sich allerdings innerhalb weniger Tage wieder löst und eine Aufdehnung (Dehiszenz) dieses Wundabschittes zur Folge haben kann.
Ursachen :
- mangelhafte Nahttechnik,
- Traumatisierung von Haut- und Weichteilen
- Mangeldurchblutung
Therapie :
- Trockenhaltung der Nekrose
- spontane Demarkation abwarten
- Entfernung von feuchten Wundrandnekrosen, da hohes Infektionsrisiko (durch → Debridement)
Wundinfektion : hier können wir uns eingehender unter der Seite → Infektionen beschäftigen
Definition : Unter dem Begriff der Wunddehiszenz wird ein sekundäres Auseinanderweichen der Ränder einer durch Naht verschlossenen Wunde verstanden. Es handelt sich um Wundheilungsstörungen, bei denen Teile der Wundfläche nicht miteinander verkleben und nicht bindegewebig verbunden werden. Infolge von Spannungszuständen im Gewebe der Wundumgebung weichen die Wundränder auseinander.
Ursachen :
a.) Lokale Ursachen:
- unsachgemäße,minderdurchblutete Naht
- zu früh gezogenen Fäden
- Serome und Hämatome
- Nekrosen
- Infektionen
b.) Allgemeine Ursachen:
- Tumorkachexie (schlechter Allgemeinzustand durch Tumorerkrankung)
- Urämie (Nierenschwäche)
- Leberzirrhose (chronische Lebererkrankung)
- Faktor 8 – Mangel (bestimmter Faktor im Blut – wichtig zur Fibrinstabilisierung)
- Hypalbuminämie (Verminderung des Eiweißes im Blut)
c.) Mechanische Ursachen:
- intraabdominelle (im Bauchraum befindliche) Druckerhöhung durch Aszites (Ansammlung von Flüssigkeit in der freien Bauchhöhle)
- Meteorismus (Luft- und Gasansammlung im Darm oder in der freien Bauchhöhle)
- Husten, Niesen
- Pressen beim Stuhlgang
- Erbrechen
d.) Medikamentöse Ursachen:
- Zytostatika
- Antikoagulantien (Medikamente zur Blutgerinnung)
- Kortikoide (Cortisonmedikamente)
Morphologisch wird die Wunddehiszenz in verschiedene Grade eingeteilt, je nachdem ob eine, mehrere oder alle Gewebeschichten einer Wunde auseinander gewichen sind.
Grad 1 : Dehiszenz von Haut / Subkutis
Grad 2 : inkomplette Wundruptur (Wundzerreißung → Haut und/oder Bauchfell (Peritoneum) bleiben intakt)
Grad 3 : komplette Wundruptur ( komplette Zerreißung aller Wundschichten)
Klassifikation von Wundrupturen (nach Blank) :
1.) Frühruptur bis etwa 5. Tag
2.) Nichtinfektiöse Wundruptur meist um den 8. - 12. Tag
3.) Infektiöse Wundruptur von der Infektionsausbreitung abhängig
4.) Spätruptur nach dem 20. Tag
Symptome : Hinweisende Symptome auf eine drohende Wundruptur sind eine um den 3. postoperativen Tag einsetzende seröse Wundsekretion und Zunahme der Wundschmerzen.
Therapie :
- Ursachenabklärung und Beseitigung
- bei kompletter Wundruptur → operative Versorgung
Prognose :
Die Prognose ist bei rechtzeitiger Behandlung gut. In 10 % der Fälle tritt später ein Narbenbruch (Hernie) auf. Die Prognose hängt häufig mehr von der Grunderkrankung ab, als von der Ruptur selbst.
Hypertrophe Narbenbildung und Keloide :
Ein Überschuss an Granulationsgewebe (neu wachsendes Gewebe) führt zu exzessiven Narbenbildung in Form von hypertrophen (vergrößerten) Narben oder Keloiden (sog. Wulstnarbe - Bindegewebswucherung). Hypertrophe Narben breiten sich über das Hautniveau hinaus, bleiben aber stets im Bereich der abgeheilten Wunde lokalisiert und bilden sich innerhalb von Monaten oder Jahren zurück. Keloide überschreiten die Grenze der abgeheilten Wunde und zeigen keine Tendenz der Rückbildung.
Ursachen :
Allgemeine Ursachen : Die Ursachen sind noch nicht vollständig geklärt. Bestimmte Faktoren für Keloidbildung können sein :
- Schwarze Hautfarbe,
- Jugendliches Lebensalter,
- erhöhte Hautspannung,
- bestimmte Körperregionen (Brustbein, Rücken),
- familiäre Disposition, Hormone (Östrogene, Thyroxin)
Molekularbiologische Ursachen : Der Bindegewebsstoffwechsel unterliegt im allgemeinen einem dynamischen Gleichgewicht zwischen Aufbau und Abbau. Wenn dieses Gleichgewicht verschoben wird, können Situationen entstehen indem die Narbe hypertrohphiert.
Therapieansätze :
Konservative Therapien wie
- Lokaltherapie mit Medikation
- Kryotherapie
- Redressbehandlung (manuelle, apparative Korrektur)
- Ruhigstellung der Wunde,
- Fäden termingerecht entfernen (i.d.R. 7. – 14. Tag)
- Kompressionsverband
physikalische Therapien wie
- angepasste Druckmassage
- Krankengymnastik
- Bäder
operative Therapie
Röntgenweichstrahlentherapie
Narbenkarzinom :
Definition : Das Narbenkarzinom (Tumore) ist selten und entsteht zumeist auf dem Boden chronischer Irritationen (instabile Narbe, chronische Fistel, Ulzera (chronische Wunden) und Hautstellen nach Bestrahlung → Radioderm). Gesondert zu betrachten sind Karzinome, die auf dem Boden von Brandverletzungsnarben ihren Ausgang genommen haben . Dabei handelt es sich vornehmlich um Narbenfelder , die nicht spalthautgedeckt und der Spontanheilung überlassen wurden.
Histologie : Histologisch handelt es sich beim Narbenkarzinom überwiegend um Plattenepithelkarzinome, seltener um Basaliome (Unterschied ist in den Hautschichten).
Häufigkeit (Inzidenz):
- nach Brandverletzungen ca. 1-2 %
- nach Knochenentzündung (Osteomyelitis) ca. 0,7- 1,5 %
- entartete Unterschenkelgeschwüre ca. 0,8 %
- nach Druckgeschwüren (Dekubitalulzera) ca. 0,5 %
Therapie :
- Entfernung des betroffenen Gewebes mit weiter Ausschneidung (Exsision) des Umgebungsgewebes mit einem Mindestsicherheitsabstand von 2 cm
- evtl. erforderlich plastische Deckung
- ggf. eine Amputation ( wenn lokale Ausschneidung nicht mehr möglich)
- Lymphknotenentfernung (Dissektion) , hier gibt es kontroverse Angaben
Selbstinduzierte Wundheilungsstörungen :
Die Selbstbeschädigung hat wegen ihrer Seltenheit unter den Ursachen postoperative (nach Operationen) Wundheilungsstörungen einen zahlenmäßig geringen, aber dennoch besonderen Stellenwert. Man sollte dieses Krankheitsbild kennen, um langwierige Krankheitsverläufe, oft verbunden mit einer Vielzahl frustaner Operationen zu vermeiden. Die Diagnose einer postoperativen Selbstbeschädigung ist schwierig, da die Abgrenzung von banalen infektiösen Wundheilungsstörungen zunächst nicht möglich ist. Das Erkennen ist weitgehend eine Ausschlussdiagnose, so wenn z.B. nach aseptischer Operation unerklärliche und wiederkehrende oberflächige Wundheilungsstörungen auftreten, die der chirurgischen Erfahrung widersprechen und organische Ursachen ausgeschlossen werden können. Sollten psychosoziale Probleme oder aber eindeutig psychopathologische Symptome bestehen, so sollte hier zusätzlich fachärztlicher Rat (psychologisch/ psychiatrisch) unbedingt hinzugezogen werden.
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